Isar Lyrik, Isar literarisch

Isar-Gedichte und Isar-Poesie in Kurzprosa

 

Zu Isar München & Oberer Isar – ein fortwährender Fluß an Isar-Lyrik und lyrischer Prosa zur Isar

Im Rahmen des umfassenden und dauerhaften Isarprojekts Die neue Isar, mit Isarbuchreihe und Offenem Isar-Forum, zeigt dieser Bereich hier eine momentane Auswahl an Isar-Lyrik und lyrischen Prosabeiträgen zu Themen der Isar aus den bis 2012 erschienenen neun Bänden der Meta-Reihe Nymphenspiegel. Diese Texte thematisieren entweder den Fluß direkt oder aber sind von der Isar, von Wasser und Fließen inspiriert. Die Entscheidung darüber, eine solche Auswahl, die ständig erweitert wird, als poetische Flaschenpost auch den Strömen des globalen Netzes zu überlassen, ist, wie ich finde, eine dem Fluß gemäße. Denn die Isar ist stetig in Bewegung und selbst ebenfalls Teil eines vernetzten Systems, nämlich jenem der Donau.

Mehr zu Die neue Isar, dieser in ihren letzten vier Bänden überwiegend isarfachlichen Publikation, die alle acht bis zehn Monate mit einer weiteren Ausgabe von etwa 240 Seiten Umfang, mit Beiträgen von je 20 bis 30 AutorInnen erscheint und für die laufend auch literarische Texte in Lyrik und Prosa, ebenso wie neue AutorInnen, gesucht werden, auf den Links dieser Homepage, vor alle aber unter www.die-neue-isar.com/die-neue-isar.

Das gemeinsame Veranstaltungsprogramm des Nymphenspiegel Kulturforum und des daran angeschlossenen Forum neue Isar unter www.die-neue-isar.com/kontakt/isar-veranstaltungen-nymphenspiegel-kultursalon-programm

sämtliche Isarbände der Reihe Die neue Isar sowie alle sonstigen Ausgaben der Reihe Nymphenspiegel können Sie unter dem Link www.nymphenspiegel.de/nymphenspiegel-baende direkt und versandkostenfrei bestellen.

 

Kleine Auswahl an Fluß– und Isar-Lyrik aus den bis 2012 erschienenen neun Bänden der Reihe Nymphenspiegel, die von Band VI an den Haupttitel Die neue Isar trägt

 (Das ©opyright auf alle Texte liegt bei den jeweiligen AutorInnen, bei Interesse wenden Sie sich bitte an die Nymphenspiegel-Redaktion Die neue Isar unter Mail: nymphenspiegel@aol.com.

Verantwortlich für Redaktion und Herausgabe der Reihe ist Ralf Sartori.

Nymphenspiegel hat die ISSN 2191-1371. Alle Bände werden in das Deutsche Literatur-Archiv in Marbach aufgenommen.

 

 

Gedanken am Fluß

Fließendes Wasser findet Dauer in steter Wandlung und Bewegung, – ist eine Manifestation lebendiger Weisheit. Es ist, von einem festen Standpunkt aus betrachtet, keinen nächsten Augenblick das Selbe, wirkt als starker Informations-Träger und mystischer Nachrichtenkanal, nimmt Ideen und Gedanken mit in seiner  Strömung und trägt sie zu anderen – zu neuen Ufern.

Ralf Sartori

 

 

ein au

 

kleiner unruhig sprühender bach mit wenig existenzberechtigung

kann in einem abflußrohr umgelenkt zerteilt abgeführt und in einer güllegrube wieder ausgesetzt werden ohne daß sich die angler die mädchen die romantiker oder auch nur ein einziger fisch beschweren würde bei den Ingenieuren der Bauleitung

 

© Sabine Bergk

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

am mühlbach

am mühlbach in schwarzen wassern

liegt müllers romantisches grab

die mädchen gehn heute gelassen

die alten am sportlichen stab

sie walken trainieren und joggen

und schminken sich glattes gesicht

die schmerzlichen mühlbachtränen

will man nicht

 

© Sabine Bergk

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

Ich friere viel in dieser Welt.

Unter’m Hölderlinbaum sprießen Verse,

trocknet die Trauer auf Wäscheleinen.

Frühmorgens: Krähenschrei nach

Verwandlung, Auflösung.

Im Spinnennetz flattert der Himmel,

emporgehoben in einen Winkel von Nichts.

Zu Grabe getragen des Sommer’s Blau,

verbliebene, warme Wünsche.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

 

hinter grünen tümpeln

 

hinter grünen tümpeln

liegt ein alter kahn

nyphoman

geht es darin zu

in der nacht

der handel mit hanf

floriert

und in mystischer stund

gibt sich neptun selbst

in das liebesspiel

mit gewaltigem stab

bis der kahn

sternhagelvoll

zusammenkracht

 

© Sabine Bergk

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

Erdgeruch umspielte Dein Windmühlenhaar …

…  ich träumte, Du wärst Don Quichotte:                            

Verwundet lagst Du am Fluß der Zeit,

aus dem ich Lichtfluten

für Dich schöpfte.

 

© Angelika Maria Eisenmann 

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

 

stillestehen im fließen

 

wie unglaublich ist es doch

daß der fluß immerzu fließt

unerschöpflich scheinbar

gleich der Zeit

und nie versiegend

in unvorhersehbaren

Strömungsmustern

die einander stetig

gegenseitig formen

neu erschaffen ohne anfang

ohne ende der fluß

hat mir heut nachmittag

die Zeit

ganz fortgetragen mit der Zeit

da sitz ich also ewig schon

so still und blick ihr hinterher

fassungslos vor ihren ufern

und hoffe daß sie mich von hier

und auch von mir

noch lang nicht fortreißt

 

© Ralf Sartori

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

Der Eisvogel

  

Durch nebelige Atemwände

steigt ein klirrend kalter Tag

aus dem frierenden Gelände,

unter eisigem Belag.

 

Keine Spur durchzieht die Felder,

eingehüllt und unversehrt,

kein Geräusch durchdringt die Wälder,

unbelaubt und eingekehrt.

 

Nur das nimmermüde Rauschen

lockt den gleißend-blauen Gast

an den Fluß um dort zu lauschen

in einer erstarrten Rast.

 

Aus der toten Winterwelt

blendet ein Forellenkleid

den Eisvogel und er schnellt

wie ein Pfeil zur Jagd bereit.

 

Taucht im Kobaltblaugefieder

in das strömende Kristall

und entfliegt versilbert wieder

hinter einen weißen Wall.

 

© Barbara Decker

(aus Band II des Nymphenspiegels)

  

 

Eisblüten

 

Zweige wippen auf der Welle

in dem winterklaren Bach

und sie nippen an der Stelle,

wo der Ast vom Baume brach.

 

Dort sprießen eisige Blüten,

trunken von dem kalten Bad,

wachsen zu Kristall und hüten

ihr verborgnes Reservat.

 

Warten klirrend, licht und teuer

bis ein Sonnenstrahl sie streift

und ihr Diamantenfeuer

zündet, daß es glitzernd schweift.

 

 © Barbara Decker

(aus Band II des Nymphenspiegels)

 

 

 

Den wahren Fluß-Trail verloren

Öfter schon

falsch abgebogen

im Leben, weg

von meinem Fluß:

im trockenem Lande

mich verlaufen,

verwischt,

von grauem Staub,

die eig´nen Fährten.

 

Nur der inner´n Bilder

Farben glimmen,

verwehter Düfte Spuren

haften noch

in manchen Stunden –

 

Du nahes Land,

wie bin ich

oftmals fern von Dir!

 

 

***

 

 

Das GOLDENE FLIEß

 

Das GOLDENE FLIEß

gehört den Flüssen an,

wie´s schon der Name sagt.

Wer es besitzen will

und halten, der findet´s nicht

oder irrt für lange Zeit

deshalb umher.

 

Es durchwirkt dafür nur jene,

die auch im steten Flusse sich befinden.

 

Als Hintergrund des Mythos um die Argonauten wird angenomen, daß im goldreichen Kolchis, dem späteren Georgien am Kaukasus, Schafsfelle verwendet wurden (und werden), um Gold aus den Flüssen zu waschen. Ausgrabungen in Georgien haben auch besonders kunstvoll getriebene Goldgegenstände aus den Gräbern der Archaischen und Klassischen Zeit hervorgebracht. „Die einheimischen Bewohner halten dichtwollige Schafsfelle ins Wasser, in denen sich der Goldsand fängt“ /Appian, Mithridatischer Krieg. (aus Wikepedia, der Internet-Enzyklopädie).

 

© Ralf Sartori

(aus Band IX des Nymphenspiegels, ab Juni 2012)

 

 

 

Wir haben die Flüsse

 

Wir haben die Flüsse uns ähnlich gemacht:

eng, vom Umfeld ihres Seins abgeschnitten,

begrenzt, kontrolliert und vorhersehbar,

alles Eigene von Anfang an hinwegkanalisiert –

und wenn dann alles doch einmal zuviel wird:

Dammbruch und schreckliche Verheerung.

 

Müßten denn nicht wir uns zuerst verändern,

damit die Flüsse wieder eine Chance erhalten? 

Wir könnten so vieles noch von ihnen lernen,

hätten wir sie nur nicht schon so sehr

nach unserem kranken Bilde umgeschaffen!

 

© Ralf Sartori

(aus Band IX des Nymphenspiegels, ab Juni 2012)

 

 

 

Wie bezeichnend und verräterisch

 

Wie bezeichnend und verräterisch

doch unsere Sprache ist –

so sagen wir, wir seien am Leben,

da wir anscheinend gar nicht wissen,

was das denn eigentlich bedeuten kann.

 

Wüßten wir´s, so müßt´ es heißen:

„Wir sind im Leben.“

„Am Leben sein“ bedeutet schon den Rand,

von dort ein knappes „Außerhalb“,

diesen tangierend bestenfalls von Zeit zu Zeit.

 

Das zeigte mir der Fluß

an einem grauen Novembernachmittag,

als ich am Ufer saß,

denn um noch einzutauchen,

war´s mir schon zu kalt.

 

Dies zum Trotz erwies er nobel sich

und nahm mich schließlich dennoch auf,

nach einer selbstvergessenen Zeit,

in seine tiefe Aura und sein mannigfaltig´ Tönen,

in seine Bilder, sein Bewegtsein

 

und einen noch lang anhaltenden geheimen Duft.  

 

© Ralf Sartori

(aus Band IX des Nymphenspiegels, ab Juni 2012)

 

 

 

Das Kind

trank den Wind

und aß Blüten.

Es hatte grünes Haar.

 

Das Kind

war König des Apfelbaums.

Gräser standen treu zu Diensten

und bewachten seinen Schlaf.

 

Das Kind

fischte einen Stein

aus schlammigem Bach

und hielt die Welt in seiner Hand.

 

Das Kind ahnte

alle Träume waren wahr

und die Wirklichkeit ein Traum

jenseits des Gartenzauns.

 

© Angelika Maria Eisenmann 

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

Der letzte Sommerwind

raschelt im glühenden Laub.

Ein verirrter Engel sitzt auf

Ackerschollen und faltet erste Nebel.

So viel Abend und Wein

und eine späte Rose blüht

zum zweiten Mal.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

 

Venus I

  

Deinen Mund traf ich am Isarstrand

im hohen Gras.

Er näherte sich langsam mir,

wie Venus´ rote Barke, meinem Ufer –

über Goldgeglitzer ungezählter Wellen,

das die Augen unerbittlich schließt.

 

Mit frühlingsbrisenleichten Schauern,

ummalt von Uferduft

nach warmen Schlamm und erster Minze,

und einem Hauch von Dunkel-Lila –

erstem Veilchen-Atem – in der Luft.

 

© Ralf Sartori

(aus Band II des Nymphenspiegels) 

 

 

 

der espe

 

mir ist als ahntest

du den wind

 

wenn all die anderen ringsum

noch still im schlafe stehn

 

erbebst du schon

geliebte schwester

 

***

 

der eiche

 

dein arm ist rauh

dein körper

hart und schwer

 

kann sich dem wind nicht neigen

 

dein lied jedoch

ist zart und

trifft mein herz

 

***

 

dem greise

 

dein hüllenloser leib

steht weiter ungebeugt

 

und ragt so stolz

als trüge er die krone noch

 

ich dränge mich

an dich und teile

 

einen letzten traum mit dir

 

du aber schweigst

im sommerwind

 

© angelika genkin

(aus Band II des Nymphenspiegels)

 

 

 

Nach dem Regen

 

Mattkalter Silberglanz

tropft zäh von den Blättern.

Schwerelos träge

wälzt Grau um Grau

im Himmel sich

 

Die lichten Tänzer schlafen noch.

In einem schweren Tropfen

glänzt das erste Himmelslicht,

bevor ein neuer Tanz beginnt.

 

Die Bilder der Vergangenheit

Sinken tief hinab ins Moos.

Fest schlafen sie

zwischen den Wurzeln der Bäume.

Und irgendwann – vielleicht –

nimmt sie der Fluß mit fort.

 

© Ralf Sartori

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

leise

               

die stillen wasser sind uns eingegeben

sie schweigen tags und sprechen in der nacht

ein leiser mensch wird von geräuschen leben

wird hören, lauschen, in den räumen gehn

und in der stille das gesetz verstehn

 

© Sabine Bergk

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

An die Isar, die Heilende

Fließend trinke ich, in ihr, durch alle Sinne,

umspült von lichtdurchtränkter Flut,

flußaufwärts blickend ihre tiefe Seele.

 

Auf Reisen wuchs sie schnell heran

entlang der Ufer,

durch die Landschaft, die sie nährte,

und welche sie, gelöst, nun in sich trägt.

 

Dem hellen Eis entstammend,

kommt unablässig sie

herab aus stillen Höhen.

Jedoch in Wahrheit liegt ihr Quell

ganz tief in meinem Innern.

 

Denn tauch ich in sie ein,

so finde ich ganz leicht zu mir

und alles Verloren-Sein

verliert sich schnell in ihrer Strömung.

 

Sie ist mein Ganges,

der mich wieder tauft

und lichtertrunken meine Seele

mit der Ewigkeit benetzt.

 

© Ralf Sartori

(aus Band III des Nymphenspiegels)

 

 

 

Es flüstert der Blätterwind:

Die Dichter sind nicht tot.

Sie sitzen auf Mondkieseln,

während die Rosen schlafen.

Der Nachtduft klettert

Sternenstiegen empor.

Dorthin, wo die Dichter

lässig mit den Beinen baumeln.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

Hab den Mond “gedimt”,

sein Licht war gräßlich hell.

Bin beinahe einem betrunkenen Engel begegnet,

`wollte auch noch mit mir kiffen –

ich rauche nicht …

Während er sich eine drehte,

fragte ich ihn nach dem Weg,

bekam keine Antwort.

Fragte nach der Zeit,

da lachte er heiser und sagte:

“In gewisser Weise bist Du wohl allein –

das seid ihr alle.

Was also suchst Du …

das Leben, den Tod, die Liebe?

Es ist da wie dort, früher wie später –

versuch einfach gut drauf` zu sein.”

Zum Glück war noch´n Bier im Kühlschrank,

hab´s getrunken, und den Mond ganz ausgeknipst,

bevor ich schlafen ging.

Sein Licht war einfach zu hell.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

Jeden Tag

dieselben Schritte, Wege.

Am Randstein

sammeln sich Unrat und Zeit,

warten auf den nächsten Regen,

werden fortgespült.

 

© Angelika Maria Eisenmann

 (aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

Kann man oben besser sehen?

Ich bin weit gelaufen,

doch nicht zu mir.

Und weiß nur,

daß die Zeit mich fängt,

und dieses Leben

nicht wiederkehrt,

nicht mir,

nicht Dir.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

Stein, im Fluß bewegter Fels, bald wirst Du Kiesel sein,

erzählst Geschichten von den Zeiten vor der Zeit als

Stein im Fluß.

 

© Angelika Maria Eisenmann

(aus Band IV des Nymphenspiegels)

 

 

 

Anglerpech

 

Voller Sehnsucht saß ich,

Traurig, lang am Fluß,

Wollt’ angeln mir

Den schönsten aller Fische.

Mit Leckerbissen

Hab ich ihn gelockt,

Bis ich schließlich glaubte,

Daß ich’s lassen muß,

Weil ich ihn nicht erwische. 

 

Entschied dann doch

Zu suchen mir

Woanders ab und zu

Ein buntes kleines Tier.

Doch als der Fisch das merkte,

Daß ich beschloß, ihn zu vergessen,

Da sprang er einfach raus zu mir

Und hat mich aufgefressen.

 

© Ralf Sartori

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

Gärtner

oder nur Grünanlagen-Techniker?

 

Mehr Poesie des Zufalls und des Zulassens

oder eher ein Übermaß an Reglement

und lebloser Ordnung?

 

An dieser Frage scheiden sich die Geister

 

Auch eine Art von

Gärtner-Laufbahn

 

Schon früh, in jungen Jahren,

Durft’ ich der Ordnung Macht erfahren.

Ich wollt’ im Wald ein Bächlein stauen,

Zuhause hat man mich verhauen,

Weil Flecken auf der Hose waren,

Von Gräsern, Erde und vom Moos –

Man zog an Ohren mich und Haaren,

Und immer hieß es bloß:

Laß jenes, komm jetzt und tu dies!

 

Das Bächlein, es entfernte sich

So langsam mehr und mehr;

Das Leben dabei von mir wich,

Es staute sich gar sehr

Im Inneren aus mir zurück,

Bis es entschwand dem Blick.

 

Desto mehr gefiel dafür

Alsbald die Ordnung mir,

Und vor allem die Macht,

Die mich auch heute noch

Mit kaltem Blick

Verführerisch anlacht.

 

Später hab’ ich nachgeholt,

Was mir als Kind entging,

Weshalb ich mit der Ausbildung

Zum Grüntechniker anfing.

 

Fortan durft’ ich stauen, stutzen

Alles Dickicht radikal ausputzen,

Durfte streng reglementieren,

Mich für mein Schicksal revanchieren.

 

Selbst hab’ ich Natur nie mehr gespürt;

Dafür hab’ ich Gartenbau studiert.

Der Chef im Park, das bin ich heute.

Nun kommandiere ICH endlich die Leute.

 

Der scheue Wanderer muß sich jetzt zeigen.

Kein Unterholz soll für ihn übrigbleiben.

So wandelt niemand mehr entlegen.

Und neben stetig frisch geföhnten Wegen

Wird ab heut nichts mehr betreten,

Auch nicht von Schwärmern und Poeten.

 

Und ich konnt´ es auch nicht mehr ertragen,

Wenn im Dickicht dauernd Paare lagen,

Unter grünen Baldachimen

Und vom Zwielicht sanft beschienen.

Was sie da auf weichem Moose trieben

Hat schier die Ruh mir aufgerieben.

 

Hab Leben selbst nicht mehr gespürt,

Dafür hab ich Gartenbau studiert.

 

Ich lieb’ das Leblose, Sterile,

Und Arbeitsfelder gibt’s hier viele.

Aus Wiesen machen wir nun Rasen

Und alte Parks zu Grünanlagen.

 

All diese Künstler und Poeten,

Mit ihrem Gejammer

Von Schönheit und von Seele,

Die angeblich verschwinden.

`Sind doch selbst Schuld daran,

Wenn sie das noch spüren.

Und erst ihr Gefasel

von Nymphen und Fluidum –

Ich frag mal anders herum:

Wenn sich so eine Nymphe nie zeigt,

Muß sie eben sehen, wo sie bleibt!

 

Nur manches Mal in dunklen Stunden,

Zweifle ich und seh’ die Wunden

Die der Ordnungsgeister Kettensägen

Jäh gemünzt zu Holzerträgen –

Alles ausgeputzt, was alt und eigen –

Seh´ der Verwüstung düsteren Reigen.

 

Ich hab’ die Natur eben nie gespürt,

Dafür hab ich Gartenbau studiert.

 

© Ralf Sartori

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

Kindlich

 

Ins Spiel vertieft

und selbstvergessen

hockt der Knabe

still am Ufer,

läßt Schiffchen schwimmen

aus Papier.

 

Er ist allein,

ist eins mit allem,

paradiesisch

unschuldsvoll.

Mit allen Sinnen

lebt er jetzt.

 

Oh, stör ihn nicht!

Laß ihm den Frieden,

die Seligkeit

des Augenblicks!

Der Wunder Himmel

ruh´n in ihm.

 

Ein Sonnenstrahl

küßt seine Augen,

den Rosenmund,

der kindlich lacht.

In seinen Händen

tanzt die Welt!

 

© Gisela Wimmer

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

 Leben

 

Mit Jammergeschrei kam ich zur Welt.

Sie war so kalt, und ich fror,

Ich weinte und schrie nach der Wärme des Bauchs

Und wollte zurück durch das Tor.

 

Doch gab´s kein Zurück und es gab keine Wahl,

Ich mußte lernen zu leben,

zu schaukeln, getragen werden zum Licht,

Und stürzend in Ängsten erbeben.

 

Ich gewöhnte mich an dieses Hinauf und Hinab,

Auch lernte ich balancieren

und an den Rändern fest mich zu halten,

Um mich nicht zu verlieren.

 

Schließlich liebte ich, was einst ich gefürchtet.

Ich liebte das Leben, das Sein.

Längst schon hatt´ ich den Anfang vergessen

Und stürzte mich mitten hinein.

 

Nun fühl ich das baldige Ende des Festes,

denn langsamer schon dreht sich mein Rad.

Wie einst zu Beginn ich scheute das Leben,

Fürcht´ ich nun ewiges Schweigen im Grab. 

 

© Marylka Bender

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

Die Zeit

Du hast keine Zeit –

Doch die Zeit hat Dich.

Fest hat sie Dich im Griff.

 

Frei glaubst Du zu schwimmen,

Doch tanzt Du nur auf Wellen,

Nach einem unbekannten Lied.

 

Du wirst getragen

Von der Welle Gang

Und glaubst, sie zu beherrschen.

 

Bis irgendwann an einem welken Zweig

Du hängenbleibst

Und nicht mehr tanzen kannst.

 

Du fühlst und siehst,

Wie Wasser, wie die Zeit

Gleichgültig weiterfließen –

 

Ohne Dich!

© Marylka Bender

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

D´ Zeid

 

Da lebst jetzt in dera endlos´n Wejd

und host ak´rat oa Hand voj Zeid.

 

Guad. Packs, hojts fest z´samm

und form was, des di g´freid,

bis dei Hand vakrampft und stiabt!

 

Oda: Nimm dei Hand voj Zeid,

laß´ ganz entspannt duach d´ Finga varinna

und g´frei di an dem griabign Spuj!

 

So oda so –

es is ak´rat oa Hand voj Zeid.

 

© Peter Inzen

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

Sanduhr

  

Ich halte in der warmen Hand

ein Glasgefäß, gefüllt mit Sand.

Man nennt es wirklich eine Uhr,

dabei sind´s lauter Körner nur.

 

Dreh ich es um, so rennt und rinnt

der Sand heraus und es beginnt

die in sich selbst begrenzte Zeit,

nur eine halbe Stunde weit.

 

Sind in der Uhr mehr Körner drin,

geht´s gar auf eine Stunde hin.

Doch länger kann es wohl nicht sein,

mehr feiner Sand geht nicht hinein.

 

Ich schau dem leisen Rinnen zu

von der Bewegung bis zur Ruh

am Grunde, der sich langsam füllt,

weil oben sich das Glas enthüllt.

 

Erst im Betrachten man versteht,

wie zügig doch die Zeit vergeht!

Und nichts hält ihr Verrinnen auf,

sie eilt dahin im Dauerlauf.

 

Der Sand steigt unten immer mehr,

denn oben wird der Kolben leer.

Gleich ist das letzte Körnchen frei –

die halbe Stunde ist vorbei!

 

Was hab ich in der Zeit geschafft?

Nur fasziniert dorthin gegafft!

Verflixt, das ist mir doch zu dumm:

Ich dreh die Sanduhr wieder um!

  

© Gisela Wimmer

(aus Band V des Nymphenspiegels)

 

 

 

Man geht und nachher ist man vergangen.

 

Verlogene Worte,

Verdrängtes Leid,

Verbrauchte Gefühle,

Verpaßte Zeit,

Vertane Chancen,

Verschenktes Talent,

Versetzte Menschen

Und vieles verpennt.

Verfehlte Ziele,

Verbautes Glück.

Versäumte Liebe                      

Kommt nie mehr zurück.

Verzweifelte Sehnsucht.

Vergeblicher Rat.

Verdammtes V e r!

Verurteilt zur Tat.

 

Nimm Dir die Tage,

die Nächte, das Licht.

Jetzt bist Du am Leben,

Versäume Dich nicht.

 

© Helmut Ruge

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

Der Fluß bringt mich zu mir,

bringt mir mich zurück

durch sein stetes Fließen,

das mich anhält

und wieder schritthalten läßt

mit meinem inneren Fluß.

 

Dieser reflektiert sich am äußeren wieder neu

und kommt darin ruhiger, strömender hervor.

Seine tieferen Stimmen verbinden sich mit den Meinigen.

 

© Ralf Sartori

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Mai gewittert mit launischem Raunen

Grüne Peitschen schlagen

das hadernde Grau in den Morgen

Der Fluß blutet steinigen Schaum

aus klaffend begradigten Wunden.

 

***

 

Ein Trällern hockt blau auf der Leitung. Drahtseilakt zwischen rissigen Masten als Umbaupausenfüller im Morgentheater. Im Osten gibt die weisglühende Göttin ihr Frühlingsdebut vor applaudierenden Himmeln in gesträhntem Türkis. Im Westen formieren sich durchgeladene Katapulte aus wattigem Schaum zum wütenden Angriff. In wartenden Bäumen sekundiert das gefiederte Orchester den Kampf der Giganten.

 

© Maria Jolanda Boselli

(aus Band VI des Nymphenspiegels) 

 

 

 

Dies ist nicht meine Welt.

Das weiß ich, wenn ich am Fluß sitze

und den Zügen hinterhersehe.

Meine Welt zeigt sich eher am Fluß.

 

Ich bin also immer am Fluß,

wenn du mich suchst.

Wo sonst?

 

Der Fluß ist immer in Bewegung,

nie derselbe,

doch stets, im steten Fließen,

er selbst.

 

Der Fluß ist so, wie alles sein sollte.

Er ist es, der mich löst,

durchdringt und heilt.

 

Wenn du mich suchst,

ich bin immer am Fluß,

solange bis der Fluß in mir bleibt,

sonst bin ich nicht.

 

Züge fahren manchmal über die Brücke,

Züge mit Waren darauf für die Welt,

Züge, mit Menschen aus der Welt,

und verschwinden, gnädig, im Wald,

der sie wieder dem Blick entnimmt.

 

© Ralf Sartori

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Stille. Nicht Abwesenheit von Umweltlauten.

Stille.

Anwesenheit der Welt. Wenn der Vorstadtzug verdampft und die kleinen Babys schlafen.

Konfektionierte Worte S bis XYL von der Stange abgerufen und der Alltag hat sein letztes Grau ins Grün gekotzt.

Dann steht sie leise auf und schwebt. Über abendleeren Wegen. Unterm Wellenwasserschlag. Stille.

Wesenheit der Welt.

 

© Maria Jolanda Boselli

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Was ist Schönheit,

wenn nicht

ungetrübter Abglanz

reiner Wesenhaftigkeit?

 

© Ralf Sartori

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Am Ufer

 

Flüsternd zieht

der Fluß vorbei,

immer wieder neu.

 

Kieselstein

am hellen Grund

schimmert durch die Flut.

 

Silbergrau,

unendlich alt,

atmet er Geduld.

 

Wasser strömt

aus Quellenmund

bis zum fernen Ziel.

 

Schau hinein!

Es wandelt sich,

bleibt doch, was es ist.

 

Alles fließt,

was Leben hat,

ändert die Gestalt.

 

Stetig zieht

der Fluß vorbei.

Ewiger Moment!

 

© Gisela Wimmer

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Kieselstein

  

Glatter Stein in meiner Hand.

Hab ihn aufgenommen,

als ich grad am Ufer stand,

ihn geschenkt bekommen.

 

Schön geformt und silbergrau

ziseliert mit Bändern

und ein wenig dunkelblau

an den Außenrändern.

 

Jahrmillionen ist er alt,

wird noch lange dauern

in der dichten Steingestalt,

seinen festen Mauern.

 

In der Höhle meiner Hand

schwindet seine Kühle,

bis ganz leise und entspannt

ich ihn atmen fühle.

 

Dasein in verschiednem Kleid,

seines und auch meines.

Losgelöst von Raum und Zeit

ist doch alles eines!

 

 © Gisela Wimmer

(aus Band VI des Nymphenspiegels)

 

 

 

Stiller Herbst

 

Reifbeladen

fallen die Blätter

tropfentönend zu Boden

 

Lärm – der widerhallt in der Lautlosigkeit

 

Ein Reiher genießt die Morgensonne

auf hohem Fichtengipfel

in eiskalter Luft

 

Wir sagen nichts

gingen die Worte doch nur verloren

wie Hauch im Äther

 

Das Schweigen verschluckt fernes Spechtgetrommel

die Isar rauscht wie immer

 

© Miki Sakamoto

(aus Band VII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Ruhiges Mit-Fließen

 

Schnell ist einstmals frisches Grün

von neuen Blätter aufgebraucht,

ermattet und gebleicht

im Staub des laufenden Jahres.

 

Dann sitz ich wieder lang am Fluß,

solange, bis das Wasserfließen ankommt

und mit sich nimmt das Nirgendwo der Zeit,

nur ich, nach einer Weile, in mir übrigbleib´,

 

am Fluß,

in dem sich stetig wandelnden,

doch dauernd frischen Grün.

 

© Ralf Sartori

(aus Band VII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Wenn ich an München denke

denk ich an die Isar

 

Wenn ich an München denke

denk ich an die Isar

und wenn ich an die Isar denke

denk ich an Kindsein und spielen und Sommer

vor allem an Sommer

Ich hab den Winter einfach ausgeklammert aus meiner Erinnerung

um auch genug Platz zu lassen

für Wärme und Geschrei

Geschrei vor allem um den Fluß zu übertönen

lauter Momentaufnahmen

Standbilder                                                                                            

Alles auf ein paar tausend Quadratmeter Kieselsteine begrenzt wo man leichtfüßig drüberwegflog

Ich allerdings

schon damals etwas behäbiger als alle andern

war schon immer ein schwerer Junge

Begrenzt durch die Bäume auf der anderen Isarseite wo’s nach Haidhausen geht

Feindesland

wir lieferten uns prächtige Prügeleien

Begrenzt auch durch den Wasserfall

früher war da noch ein Damm

und die Kenner wußten ganz genau wo man reinhechten mußte um heil zwischen die Felsen tauchen zu können

 

Die Fremden schlugen sich oft die Schädel auf

da kamen wir dann recht zum Retten

mit unseren Lebensretterhöschen und Lebensretterkappen

wer den DLRG Grundschein nicht hatte brauchte sich sowieso nicht sehen zu lassen

auf der Schtoanse

schtoanse von steinig

unser Lehel-Lido

an der vormals grünen Isar

Jetzt machen sie ihr schon bei Bad Tölz den Garaus

und wenn sie durch die Stadt durch ist

bei Freising etwa

schau sie lieber nicht mehr an

du glaubst München hätte sich ausgekotzt

 

Nur damals war noch kein Denken dran

daß man dieser flußgewordenen Lebensfreude mal ein Leid antun könnte

und so hat der Fluß mein Leben geprägt

 

Du gibst ihm einen Namen

betrachtest ihn

und keinen Augenblick ist er derselbe

Andauernd zieht was Andres, Neues an

dir vorbei denn das Sein eines Flusses ist sein Werden

und so wollt ich mich auch immer neu entwickeln

Die liebe Isar

und der Urwald beim Flaucher

und der Grand Canyon hinter Grünwald

und die Isarfeste an der Isarlust

und natürlich die Spitzbande

gefährliche Burschen

ich hab immer tief und ehrfürchtig gegrüßt

wenn sie knastblaß und federnd an mir vorbeitigerten

Die Spitzbande

das war einfach alles was man selbst nicht war

Sex und Crime und Anarchie

das war die heißersehnte Wirklichkeit

Männerfreundschaft und Bizepskult

Dahin zogs mich

wenn ich an Frühlingstagen zum Physiksaalfenster

hinausträumte wenn ich in unserem ehrwürdigem Wilhelmsgymnasium Bakuninthesen an die Toilettentüren nagelte

als Humanist muß man halt alles in einen Vers zwängen ein Leiden dem ich bis heute nicht entrinnen konnte.

 

© Konstantin Wecker

(aus Band VII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Warnhinweis

 

Ständig verkürzt das Leben

dessen Erwartung,

seine Dauer,

jeder Augenblick.

 

Zwar scheint´s verkürzt

ein Leben jeder Augenblick –

ob wir ihn leben oder nicht.

in Wahrheit aber

mehrt er unser Leben,

wenn wir ihn leben.

 

Und falls doch nicht

gerinnt er gleich

zu nichts

als nur vergehender Zeit.

 

© Ralf Sartori

(aus Band VII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Morgen oder Übermorgen?

 

Schreie auf allen Kontinenten:

 

Wasser!  Water!

Wasser!

Wasser!

 

Wir haben kein Wasser mehr!

Es liegt zwar noch etwas nasses

in den Flußbetten und im Boden.

Aber es ist tot.

Vergiftet worden!

Wirtschaftlich ausgedrückt,

es sind zu viele Betriebskosten

in unseren Flüssen gesenkt worden.

Und jetzt haben wir kein Wasser mehr.

 

Sonst haben wir noch alles.

Öl haben wir auch noch.

Esso hat zufällig neues gefunden.

Aber mit dem Öl haben wir die Meere versaut,

Den Fisch abgebaut,

Die Algen vernichtet.

Und im Namen unserer Kindeskinder auf das Leben verzichtet.

Sie werden uns einmal dankbar dafür sein,

daß sie nicht mehr erscheinen mußten.

 

Wasser!  Water!

Aqua!  De l´eau!

Wir haben das Wasser noch vor dem Öl geschafft.

Wer hätte das gedacht!

Eine wissenschaftliche Sensation!

 

Das Wasser hatte ja einen lustigen Lebenslauf.

Millionen von Jahren war es frisch.

Im 20. Jahrhundert haben wir es gefiltert.

Im 21. gefiltert, gekocht und chemisch gereinigt.

2015 haben wir das letzte frische Quellwasser in Flaschen abgefüllt.

2030 die Flaschen rationiert,

der Innenminister überwacht jetzt die Ausgabe der Flaschen.

Und der Außenminister hält Ausschau nach neuen Wasser-Kolonien.

Kommt aber immer um einige Soldaten zu spät

 

Aber wir haben noch Whisky! Prost!

 

© Helmut Ruge

(aus Band VII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Sommer am Fluß

 

Flederflügel flüchtig flattern

in der blauen, stillen Stunde.

Grau im großen, grünen Grunde

kriechen sanfte, schlanke Nattern.

 

Wilder Waldrand wabert golden

braune, ruhige Rehe rasten

flinke Füchse hört man tasten

durch das Dickicht gelber Dolden.

 

Mücken schnappen schnelle Fische

Fluß fließt fedrig, leicht und bitter

hinter Bergen ein Gewitter

zaubert feine, kühle Frische.

 

Spinnen weben Wassertropfen

funkelnd – frische Falterfallen

kreischend kratzen Katzenkrallen

Tau taumelt auf wilden Hopfen.

 

Fröstelnd hallt das Amselklagen

erste stumme Sterne wachen

von weither ein leises Lachen

dichtes Dunkel voller Sagen.

 

© Tatjana Kerschbaumer

(aus Band VIII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Es wird enger

 

Natur ist mittlerweile stark bedrängt,

die Arten werden weniger –

und auch ihr Raum: vermehrt beengt;

drum zäunt man gerne heut´ die Reste ein,

mit vielen Schildern meist davor,

das bunte Ausflugsvolke zu belehren,

warum es nicht mehr darf hinein,

um Akzeptanz zudem dafür zu werben.

 

Doch auch die Freunde der Natur,

die stets behutsam sich darin bewegten,

bleiben nunmehr von ihr ausgesperrt

im breitem Strome der illusteren Besucher,

die jetzt am Zaun entlang verrichten

ihren freizeitlichen Gang.

 

Früher fuhr man längere Strecken

gerne auch noch mit dem Rad,

beschaulich, schauend, aufrecht,

und den Wind im wehenden Haar.

Heut´ sind Radler eher rar geworden,

sog. Biker rasen überall stattdessen

und vom Zeitgeist wild besessen

an uns surrend schnell vorbei –

spiegelbebrillt, ganz ohne Blick,

dafür behelmt, mit Kampfanzug als zweite Haut,

windschlüpfrig für Volvo, BMW,

oder die Telekom auf buntem Dreß,

obgleich ihnen doch niemand

etwas für diese Werbung zahlt –

zu Training, Livestyle, Sport-Event

und Temporausch.

Natur? So scheint es,

ist für sie nicht mehr

als bestenfalls nur Hintergrund!

 

Nun hat man uns nur leider

ganz vor´m Zaun vergessen,

beim Wegsperren, bei der Schutzhaft der Natur:

der Menschengäste ebenfalls rar geword´ne Art.

Ich bitt´ euch, liebe Öko-Leute,

laßt uns hinein und gebt uns endlich auch Asyl!

 

© Ralf Sartori

(aus Band VIII des Nymphenspiegels)

 

 

 

Was sind uns noch die Gärten?

(Ein Beitrag zur Renaturierung unseres Klang-Raumes)

 

Was sind uns noch die Gärten?

Haben Arkadien wir vergessen?

So gründlich, daß wir diese Inseln

der Stille, Ruhe, innerer Einkehr,

der Rückgewinnung unserer selbst,

dem stetigen Maschinendröhnen

anhaltender Ruhelosigkeiten opfern?

 

Warum in aller Welt erdulden wir,

daß Rasenmäher heut so laut sein

können wie ein Moped oder LKW?

Warum dürfen heulende Laubgebläse

ständig unser Weniges an Ruhe töten

und an aller Nerven sägen?

 

Wie widersinnig ist es doch,

daß heut´ so viel Unfrieden

gerade von den Gärten ausgeht!

 

Man könnt auch Rasen leis´,

elektrisch mähen und an den Geräten

gewiß den Lärm noch weiter dämmen.

Haben Auflagen sonst wir nicht

denn auch für alles und bei jedem?

 

Dicht gefolgt den Rasenmähern

kommen Hochdruckreiniger zum Zug,

die Putz- und and´ren Zwangsneurosen

erst den kollektiven Stachel geben!

 

Und mit den Laubgebläsen!

Ich frag mich, wie in aller Welt man

auf der Welt nur Laub und Staub gefegt,

bevor uns diese Plage seitens Industrie

und Werbung aufgeschwätzt?

 

So erscheinen sie als Terror-Instrument

in jeder Hand schon bald und dürfen,

frei und ohne Waffenschein, heut´

so lang´s denjenigen beliebt,

als Massenvernichtungswaffen,

die Stille ganzer Nachbarschaften töten.

 

Immer jedenfalls verwendet

von Service-Firmen, ob Garten-

Pflege, Putz-, Hausmeisterei,

damit auch deutlich jeder merkt,

sie waren da, man hat´s gehört!

Und wo es doch so laut,

da wurde sicher viel getan.

 

Jedoch arbeiten könnte man auch leiser,

und dabei sicherlich noch mehr bewirken,

Warum lassen wir den Terror zu?

Haben Auflagen sonst wir nicht

denn auch für alles und bei jedem?

Beispielsweis´ bei der Kultur!

 

Da darf ein Wirt nur sehr vielleicht

Und jederzeit auch widerruflich,

bloß, um ein Beispiel kurz zu geben,

ein wenig Kleinkunst seinen Gästen bieten.

Doch damit ist´s ganz schnell wieder vorbei,

sobald auch einem Nachbarn nur das Husten

eines Gasts oder ein Weniges Konversation

zu etwas spät´rer Stunde vor der Tür, mißfällt.

 

Welch ein Wahnsinn herrscht in dieser Stadt!

Wir könnten´s einfach ändern, läge es nicht an uns. 

 

© Ralf Sartori

(aus Band VIII des Nymphenspiegels)

 

 

(Das ©opyright auf alle Texte liegt bei den jeweiligen AutorInnen, bei Interesse an den Texten wenden Sie sich bitte an die „Nymphenspiegel“-Redaktion unter Mail: nymphenspiegel@aol.com.

Die einfachste Form jedoch  besteht darin, den jeweiligen Band zu bestellen, entweder über den Buchhandel oder am besten direkt, versandkostenfrei, bei der Redaktion. Darin bestünde auch eine wunderbare Unterstützung dieser miteinander verbundenen, an kulturellen und gemeinschaftlichen Werten  ausgerichteten Projekte „Forum und Redaktion „Die neue Isar“ im „Nymphenspiegel Kulturforum“. 

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Weitere Informationen zur Gesamtarbeit auf den sonstigen Links dieser Seite.

 

Ralf Sartori

 

 

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